Predigt am Ostersonntag

Christus als Pantokrator auf einer Feststola von Sr. Animata aus Dillingen.
Christus als Pantokrator auf einer Feststola von Sr. Animata aus Dillingen.

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Überraschungen machen unser Leben spannend! Sie machen uns bewusst, dass nicht alles planbar und organisierbar ist. Sie kommen – wie es das Wort schon sagt – überraschend daher. Natürlich freuen wir uns besonders über positive Überraschungen – das ist klar!

Hat Ostern vielleicht auch mit einer Überraschung zu tun?

Zunächst sind einige Frauen auf dem Weg zum Grab Jesu. Sie erwarten sich nichts mehr. Sie wollen nur noch einen letzten Dienst leisten und den Leichnam mit wohlriechenden Ölen salben. Doch ihre Planungen werden kräftig durchkreuzt. Das Grab ist offen und leer. Das ist gar nicht so einfach zu fassen. Uns wird erzählt, dass die Frauen zunächst ratlos sind, dass sie erschraken und zu Boden blickten. Die Überraschung, die Gott ihnen da schenkt, ist offenbar zu groß. Und auf einmal hören sie die Botschaft am offenen und leeren Grab: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden! Das ist Überraschung pur! Am Ort des Todes überrascht Gott mit dem Leben! Trauernde und verängstigte Frauen überrascht er mit neuer Hoffnung. Eine solche Überraschung können sie aber nicht für sich behalten. Sie müssen sie weitergeben, wie wir das ja auch tun, wenn wir was Überraschendes erlebt haben. Aber die Apostel und die anderen Jünger können das nicht glauben und halten es für Geschwätz. Sie brauchen noch Zeit, bis die Osterüberraschung bei ihnen ankommt und sie glauben können. Das ist doch auch ein Trost für uns, weil wir auch manchmal fragende und zweifelnde Christen sind.

Ostern ist das Fest einer großen Überraschung!

Wir feiern heute nicht das Fest eines wiederbelebten Leichnams, der aus dem Grab kommt und bei dem alles den gewohnten Gang geht. Ostern ist viel mehr. Ostern ist größer. Ostern ist das Fest einer mehrdimensionalen Überraschung. Als Mensch hat Jesus wie wir alle unter den Bedingungen von Raum und Zeit gelebt. Dazu gehören das Gestern, das Heute und das Morgen. Und dazu gehört auch der Tod. Gott aber überrascht im Tod mit einer neuen Dimension, die über Raum und Zeit hinausgeht, und die wir mit den Worten „Ewigkeit“ oder „Himmel“ bezeichnen. Wir Menschen stoßen im Tod an eine Mauer, die für uns unüberwindlich ist. Gott aber überrascht uns mit einem Durchbruch zum Leben, mit einem Grenzübergang in die Ewigkeit. Von dieser neuen Dimension her ist Jesus den Menschen aller Zeiten und an allen Orten nahe. Das durften auch die Frauen und die Apostel damals spüren. Davon zeugen die Ostertexte in den vier Evangelien. Wir dürfen dankbar sein, dass wir diese Texte heute hören dürfen. In ihnen können wir uns wiederfinden mit unseren Fragen und Zweifeln – aber auch mit unserer Sehnsucht und Glaubensfreude.

Lassen wir uns vom auferstandenen Jesus überraschen!

Er möchte uns nicht erst in der Stunde unseres Todes mit dem ewigen Leben überraschen. Nein – er ist als der Lebendige in unserem Leben da! Ewiges Leben beginnt jetzt, hier und heute. Versuchen wir aufmerksam zu leben. Vielleicht entdecken wir dann die Spuren des Auferstandenen in unserem Leben? Jede Begegnung mit Jesus kann so zu einer Osterüberraschung werden. Da kann uns z.B. ein Wort von ihm im Gottesdienst besonders berühren und wir dürfen die Woche hindurch davon leben. Es können Ereignisse des ganz normalen Alltags sein, in denen wir wahrnehmen, dass wir nicht alleingelassen sind. Vielleicht tröstet uns die Beziehung zu Jesus, wenn wir krank oder traurig sind. In Jesus ist Gott selber in eine ganz intensive Berührung mit dem Leben und auch dem Leiden von uns Menschen gekommen. Deshalb kann uns der Blick auf Jesus auch helfen, unser Leben selber anzunehmen und nicht am Leben zu verzweifeln.

Liebe Schwestern und Brüder, bleiben wir offen für Überraschungen, denn sie machen unser Leben spannend. – Geben wir uns aber auch nicht zufrieden mit einem langweiligen und sterilen Glauben! Immerhin ist Gott im auferstandenen Jesus die phantasievollste Überraschung aller Zeiten gelungen!  Amen.

Pfarrer Ralf Gössl

 

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